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Prof. Dr. Felix Hilpert im Interview

Prof. Dr. Felix Hilpert im Interview

Senolog führte für unser Magazin ein Interview mit Prof. Hilpert, neuer Operateur am Krankenhaus Jerusalem Hamburg. Prof. Hilpert steht für Patientinnen seit Januar im Krankenhaus Jerusalem, Moorkamp 2-6, 20357 Hamburg unter Tel. 040 44190 550 zur Verfügung.

Senolog: Aufgrund Ihrer Vita hätten Sie sich jederzeit mit Erfolg um die Chefarztstelle an einer großen Frauenklinik bewerben können. Warum jetzt der Weg als selbständiger, niedergelassener Arzt?

Die heutigen Strukturen im Gesundheitswesen lassen es zu, dass man auch außerhalb der klasssischen Krankenhausstrukturen einen Großteil des medizinisch Möglichen umsetzen kann. Andererseits hat die Ökonomisierung der Medizin in den Krankenhäusern dazu geführt, dass der Gestaltungsspielraum der medizinisch verantwortlichen Leitung durch die Vorgaben der kaufmännischen Leitungen doch sehr stark eingeschränkt ist und mehr reagiert denn agiert werden muss. Im niedergelassenen Bereich unterliege ich ebenfalls ökonomischen und anderen Zwängen, kann diese aber mehr eigenverantwortlich mitbestimmen. Letztlich hatte ich Angst, dass mein Arztberuf und meine Tätigkeit an der Patientin im Hagel der administrativen Aufgaben am Krankenhaus untergeht. Das wollte ich nicht.

Senolog: Sie sind Familienvater. Was sagt die Familie zu Ihrem Entschluss?

Meine Frau und meine drei Söhne haben mich alle bei dieser Entscheidung bestärkt. Sie alle wissen, wie gerne ich Arzt bin, wie gerne ich operiere. Und das ist hier in einem optimalen Umfeld möglich, zusammen mit hochspezialisierten Kollegen und einem Pflegeteam, dass die Patientinnen und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt rückt. Ja und Hamburg: hier bin geboren, habe hier studiert und mit meiner Frau in unserer Studentenbude eine Familie gegründet. Da schließt sich ein Kreis in dem wir alle gerne stehen.

Senolog: Sie haben in Kiel neben der rekonstruktiven Brustchirugie auch den Schwerpunkt Gynäkologische Onkologie und hier speziell das Ovarialkarzinom betreut. Werden (wollen) Sie diese Tätigkeit in Hamburg fortsetzen?

Ganz klar ja. Ich habe in Kiel die letzten zehn Jahre die Gynäkologische Onkologie an der Uni-Frauenklinik in Kiel geleitet, sehr viel operiert, die endoskopischen Wertheim-Operationen und Lymphonodektomien an der Klinik etabliert und die interdisziplinäre radikale Onkochirurgie vorangetrieben. Das alles hat mir viel Spass gemacht und es wäre sehr schade, wenn ich das verlieren würde. Darüber hinaus will ich natürlich auch meine Expertise auf dem Gebiet der medikamentösen Therapie in der Gynäkologischen Onkologie umsetzen. Und da bietet das Onkologische Therapiezentrum am Krankenhaus Jerusalem optimale Möglichkeiten.

Senolog: Sie sind Studienleiter für verschiedene Studien in der Gynäkologischen Onkologie. Können Sie diese Studien in Hamburg fortsetzten?

Ja, möglicherweise sogar besser, als zuvor. An den Universitätskliniken unterliegt die Durchführung von klinischen Studien sehr strikten Regularien bezüglich der Finanzierbarkeit. Insbesondere akademische Studien, wie die der AGO, können häufig aber nicht kostendeckend durchgeführt werden und es gibt viele Begehrlichkeiten von allen Seiten was die Kostendeckung der einzelnen Gewerke angeht. In meinem neuen Umfeld werden wir die Studien sicher auch nicht alle kostendeckend durchführen können, aber klinische Studien und der Zugang zu innovativen Therapien sind wichtig für unsere Patientinnen. Wir haben hier den Anspruch Therapie auf höchstem Niveau von A-Z zu liefern und nehmen diese Defizite in Kauf, um unsere Patientinnen und die Zuweiser von unserer Exzellenz auf diesem Gebiet zu überzeugen. Mit dem Mammazentrum gemeinsam möchte ich Studien weiter ausbauen und freue mich, dass ich mit Frau Silke Kassner eine Medizinische Dokumentarin aus Kiel mitbringen kann, um diesen Bereich auch personell zu stärken.

Senolog: Haben Sie als ausgewiesener Spezialist noch Interesse an der „normalen“ Gynäkologie?

Ich mache das ja in zweiter Generation und mein Vater war noch Gynäkologe und Geburtshelfer alter Schule. Diese Einheit des Faches liegt mir somit im Blut. Andererseits: ich verstehe mich doch eher als „Problemlöser“ auf dem Gebiet der Gynäkologie und hier insbesondere auf dem Gebiet der operativen Gynäkologie. Die Eingriffe bei gutartigen Veränderungen, bei Senkungszuständen und zur operativen Diagnostik sind für nicht minder herausfordernde Operationen. Überhaupt: diese Tendenz der großen Kür und dem Multiviszeralen die höchste Priorität in unserem Gebiet einzuräumen ist nicht meins, Das Einfache, oder wie Sie sagen,  „Normale“ geht häufig verloren, es gibt die Gefahr der Nachlässig- und Unachtsamkeit. Für mich ist es immer wieder eine Herausforderung auch das „Normale“ optimal abzuliefern. Die Kunst liegt ja nicht allein im handwerklichen sondern vielmehr im medizinischen, sprich der differentiellen Indikationsstellung. Aber wenn nötig, wie bei vielen Ovarialkarzinomen, dann gehe ich auch über das normale hinaus und bis zum äußersten, um das Beste für die Patientinnen zu erreichen. Aber was ist schon normal!

Senolog: Das Mammazentrum Hamburg am Krankenhaus Jerusalem verfügt über erfahrene Operateure. Was können Sie zusätzlich einbringen?

Das kann man wohl sagen: meine Kolleginnen und Kollegen am Jerusalem sind allesamt Spezialisten und ich trete da nicht mit dem Bewusstsein an, ich zeige den jetzt mal wie das geht! Zu allererst bin ich zusätzliche Man-Power, ein weiterer Ansprechpartner und Operateur auf dem Gebiet der Gynäkologie, Senologie und Gynäkologischen Onkologie.Ein Bereich in dem ich neue Akzente setzen kann ist sicher die heterologe Sofortrekonstruktion beim Mammakarzinom. Daran habe ich in den vergangen Jahren in Kiel intensiv gearbeitet: wie und wann, welche Prothesen, welches Netz, welche Patientin und welche Brust, was tun bei Komplikationen. Das jetzt entwickelte System ist meines Erachtens ein deutlicher Fortschritt: die Frauen haben nicht mehr das Postmastektomietrauma, die kosmetischen und haptischen Ergebnisse sind häufig sehr gut und die onkologische Sicherheit gewährleistet.  Zudem wollen wir im Kooperationsmodell meine Expertise auf dem Gebiet der endoskopischen und multiviszeralen Onkochirurgie unseren Patientinnen anbieten.

Senolog: Glauben Sie, dass Sie mit Ihren Kollegen zurecht kommen? Immerhin müssen Entscheidungen im Konsens getroffen werden.

Ja, das glaube ich. Es ist ja nicht so, dass die Entscheidung in dieses Modell einzusteigen mal eben so getroffen wurde. Aber das ist schon ganz interessant wie so etwas abläuft: zu allererst und am absolut Wichtigsten ist das Persönliche. Ich war damals sehr verwundert, als nach unserem ersten Kontakt zwei der Partner des Mammazentrum Hamburg samt Ehefrauen sich bei mir zu Hause eingeladen haben. Meine Frau Katja sagte: die wollen wissen was du für ein Mensch bist, wie deine Familie dein Umfeld funktioniert. Und wenn man bedenkt, wie eng die Bande in einem solchen Konstrukt ist, dann ist das auch wichtig und richtig. Zu meinen Kollegen: die sind nicht ohne Grund so erfolgreich: alles gestandene Persönlichkeiten, die ein gemeinsames Ziel haben und wissen was sie wollen, aber das erreicht man eben auch nur mit besonderen Charaktereigenschaften. Wir ergänzen uns bislang sehr gut, das klappt.